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Goldgräber

Goldgräber

Von zweien, die auszogen, im Osten ihr Glück zu suchen

 

Anfang Juni 1991 wird an die Kioske der Städte und Dörfer südlich von Berlin eine neue Zeitung ausgeliefert, der MÄRKER TELEGRAF, ein Wochenblatt mit regionaler Berichterstattung für die Landkreise Zossen und Königswusterhausen. Herausgeber sind zwei Westberliner Journalisten, die in der speziellen Umbruchsituation der neuen Bundesländer eine Chance für sich sehen.

Renke Korn hat dieses Projekt von Anfang an verfolgt und in allen Stadien der Entwicklung mit den beiden Unternehmern und mit einigen ihrer ostdeutschen Angestellten Tonbandinterviews geführt: das Protokoll eines Scheiterns, des vergeblichen Versuchs zweier Pioniere, den von den Politikern vollmundig versprochenen “Aufschwung Ost” mitzutragen und an ihm zu profitieren.

 

Funkkorrespondenz  v. 30.7.92

“Das Crescendo der politischen Phrasen über den »Aufschwung Ost« bildet den Hintergrund für Renke Korns O-Ton-Feature über zwei Westberliner Journalisten, die »auszogen, im Osten ihr Glück zu suchen«. Gegen die abstrakte Sprache der Politik zeichnet Korn einfach eine einzelne Geschichte auf: Es geht um die Gründung des »Märker Telegraf«, einer landkreisbezogenen Wochenzeitung, im Jahr 1991. Es ist ein paradigmatischer Fall für die Schwierigkeiten der Unternehmungsgründung in der ehemaligen DDR. Korn läßt einfach die Beteiligten zu Wort kommen, um, spannend wie in einem Krimi, zu rekonstruieren, woran letztlich die Unternehmung scheiterte. Die zwei Journalisten berichten über ihre Probleme mit der Finanzierung ihres Unternehmens, über die Schwierigkeiten, überhaupt passende Räume anzumieten, einen Telefonanschluß zu erhalten, geeignete Mitarbeiter zu finden. Beteiligte Angestellte erzählen von ihrer vorangehenden Arbeitslosigkeit und ihren mit dem neuen Unternehmen verknüpften Hoffnungen. Es ist auch die Geschichte gegenseitiger Mißverständnisse. Die kapitalistische Arbeitsethik stößt mit der realsozialistisch geprägten Versorgungsmentalität zusammen. Die Unternehmer beklagen sich über mangelndes Engagement ihrer Mitarbeiter, die Inkompetenz ihrer Partner in den Behörden und eine generelle Ablehnung, die sie zu verspüren glauben. Aber nicht nur diese Gründe werden für das letztendliche Scheitern der Zeitung deutlich. Es ist auch ein Kapitel zur Dynamik des Konkurrenzkampfes auf dem freien Markt. Der »Märker Telegraf« hat von Anfang an finanzstarke Gegner, und vielleicht mußte er auch deshalb eingehen.

In Korns Feature läßt sich anschaulich begreifen, wie die Misere der wirtschaftlichen Vereinigung beschaffen ist. Ein wenig zu stark kommen dabei die westdeutschen Unternehmer zu Wort. Man hätte sich gewünscht, daß ihre Konfrontation mit ihren Mitarbeitern noch deutlicher dokumentiert worden wäre. Dennoch ist »Goldgräber« eine wichtige Reportage. Indem sie das Schweigen, in dem die Vorurteile gedeihen, bricht und alle Beteiligten zu Wort kommen läßt, kann sie dazu beitragen, daß die Vernunft, nicht das Ressentiment sich im Prozeß der Vereinigung zwischen den alten und den neuen Ländern Deutschlands durchsetzt.” Jochen Rack

 

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