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Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 7. 5. 73

“Vor drei Jahren wurde Renke Korns »Partner«, Szenen aus der Arbeitswelt, im Jungen Forum der Ruhrfestspiele in Recklinghausen vorgestellt. Kurze Episoden, in denen Zusammenhänge unseres gesellschaftlichen Lebens am einzelnen Fall schlaglichtartig aufgedeckt wurden. Jetzt hat das Staatstheater Braunschweig zwei der »Partner«-Stücke unter dem neuen Titel »Freizeit« zusammengefaßt, im Auftrag des Theaters komplettierte Korn den Abend mit einer neuen Arbeit, »Kollegen« genannt, die man als Uraufführung sah.

Freizeit, das ist unter anderem eine Erfindung der Freizeitindustrie, der trommelnden Werbung, worauf in der Inszenierung von Heinz Engels und seines Bühnenbildners Malte Marks durch Einblenden von Dias und Spots mit »fröhlichen Menschen« und »schönen Landschaften« hingewiesen wird. Für Renke Korn aber ist Freizeit nichts weiter als die Verlängerung der Arbeitswelt mit ihren gesellschaftlichen Konflikten und Spannungen. Zwischen Freizeitverheißung und Freizeiterfahrung besteht ein beträchtliches Defizit. In »Picknick« treffen in einer ruhigen Waldecke zwei Familien aufeinander. Der Angestellte, gutverdienender Kleinbürger mit Auto, Frau und zwei Kindern, der Arbeiter mit Motorrad, Frau, Kleinkind und Transistor. Der Arbeiter wird von Korn nicht sympathisch gezeichnet, ein eher etwas rüpeliger junger Mann, der aber nicht uneinsichtig ist. Die Angestelltenfamilie fühlt sich als etwas Besseres, Versuche, ein Gespräch zu führen, scheitern, man sieht die bekannten Abwehrmechanismen. Statt Verständigung baut sich sozialer Haß auf. In »Neubeginn« hat ein Vertreter im Krankenhaus über sein Leben nachgedacht. Als er entlassen wird, erkennt er im Gespräch mit einem seiner Kunden, daß seine Vertretung anscheinend schon gut im Sattel sitzt. Er wird weitermachen müssen, um nicht abgehängt zu werden.

Neu sind die »Kollegen«. Zwei Ehepaare machen gemeinsam Urlaub am Mittelmeer.  Die Männer sind Grafiker in einer Design-Firma. In die scheinbar heitere Urlaubsstimmung - wie auf dem Prospekt verheißen - platzt die Nachricht, daß einer der beiden befördert werden soll. Man beginnt, sich zu belauern. Längere Ausflüge in die Stadt benutzt der eine dazu, telefonisch daheim seine Fähigkeiten herauszustreichen.  Der Robustere kriegt den freiwerdenden Posten. Die Freundschaft, die wohl keine war, nur eine zweckgerichtete Partnerschaft mit geselligem Anhang, zerbricht. Man wird sich für dKollegen 1 len Rest des Urlaubs getrennte Bungalows suchen.

Was Korn demonstriert: wie der verschärfte Kampf um Erfolg und Karriere und die Furcht, mit immer früherem Älterwerden an ´Kreativität` einzubüßen, das Privatleben bedrohen.  Korn hebt nicht den Zeigefinger, sondern zeigt nur ein Beispiel. Der kritische Impuls wird um so deutlicher, weil die Beobachtung so genau ist. 

Auf diese Genauigkeit war auch die Regie Heinz Engels gerichtet. Immo Kronenberg, Brigitta Köhler, Hans-Joachim Paulmann und Christina Amun spielten die beiden Paare entsprechend realistisch, das heißt richtig.” Gerhard Rohde

 

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